Vielen Spielen lässt sich ein Nutzen abgewinnen, der den Einsatz im Unterricht rechtfertigen würde. In nahezu allen Spielen wird von den Spielern der Einsatz von Strategien und Problemlösefertigkeiten abverlangt. Für den Musik- und Sportunterricht lassen sich Spiele finden, die den Einsatz von Stimme, Instrumenten oder Bewegung erfordern. Simulationen wie in die Sims könnten im Ethik oder Pädagogikunterricht Anwendung finden. Auch Spiele, deren Einsatz im Unterricht auf den ersten Blick wahrscheinpich ungeeignet erscheint, verbergen einen versteckten Nutzen. Kriegsspiele weisen in den meisten Fällen einen geschichtlichen Hintergrund auf, Kampf- und Rollenspiele erfordern die Entwicklung besonderer und situationsbasierter Strategien.
Neben diesen klassischen Spielen, die ursprünglich ausschließlich zwecks Unterhaltung auf den Markt gebracht werden, gibt es jedoch auch Spiele, die speziell für den schulischen und institutionellen Bereich konzipiert werden. "Spiele" oder Simulationen, mit deren Hilfe...
- Unternehmen ihre Mitarbeiter schulen und fortbilden
- Ärzte ihre ersten (oder schwierige anstehende) Operationen durchführen
- Armeen ihre Einsätze planen und simulieren
- (...)
aber auch Spiele, mit deren Hilfe Schüler:innen ihre Wissenslücken im Fach Biologie aufarbeiten oder wie oben angedeutet die Geschichte der Menschheit selbst erleben können. Diese sogenannten Serious Games (dt. ernsthafte Spiele) verfolgen in erster Linie das Bildungsziel und werden meist speziell an eine Lerngruppe angepasst. Begrifflich wurde das Ganze bereits 1968, also vor Einführung von Computern und Videospielkonsolen, geprägt und bezog sich auf verschiedenste andere Spielegattungen wie Brett- oder Pen&Paper Spiele. Mit dem technologischen Fortschritt und der Etablierung von Computern für jedermann hat sich die Auswahl und Umsetzungsform der Spiele dann erweitert, sodass es heute Serious Games sowohl in digitaler als auch analoger Form- und in verschiedenen Genres- gibt.
Neben Strategie- und Rollenspielen gibt es Shooter-, Construction- und Simulationgames, die von der Vermittlung faktenbasierten Wissens bis hin zur Vermittlung ethischer Umgangsformen vieles bieten. Serious Games gibt es für alle Altersgruppen und Bildungseinrichtungen (von der Grundschule bis hin zu Hochschuleinrichtungen).
Das zugrundeliegende Prinzip ist immer dasselbe. Die Spiele bieten einen visuellen und inhaltlichen Input und stellen die Spielenden vor eine aktive Herausforderung. Für die Spielenden ist es wichtig, sich mit den Regeln des Spiels vertraut zu machen, um anschließend die Herausforderung zu meistern. Da es sich um eine virtuelle Simulation von Ereignissen handelt, ergeben sich verschiedene lernförderliche Vorteile. Die Spielenden können sich beispielsweise ausprobieren und nach eigenen Lösungsansätzen suchen, beim Scheitern können sie von neuem beginnen. Spielen und Lernen sind nach der Theorie der Serious Games also nicht mehr getrennt voneinander zu betrachten, sondern greifen ineinander über.
In einer Studie von John Beck und Mitchell Wade (durchgeführt mit 2500 jungen Fachkräften) konnte nachgewiesen werden, dass eine Korrelation zwischen dem regelmäßigem Spielen von Videospielen und der Kreativität, dem Ambitionismus, den kognitiven Fähigkeiten und dem Optimusmus hinsichtlich der eigenen Fähigkeiten einer Person besteht (Marr 2010: 70). Die Spiele verleiten die Spieler:innen dazu, lösungsorientiert zu handeln und einen lehrhaften Nutzen aus Fehlversuchen zu ziehen. Überhaupt machen erst die Spiele oft ein lehrreiches Fehlverhalten ohne reale Konsequenzen überhaupt möglich.
Serious Games sind oft fesselnder als der klassische Schulunterricht und können so auch Unterrichtsmuffeln und Lernverweigerern das Lernen ermöglichen. Ihre fesselnde Wirkung wird dabei von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, auf die abschließend noch eingegangen werden soll:
- Die Spielenden erschaffen oder handeln meist in ihrer eigenen Welt und nach ihren eignen Regeln
- Gutes Handeln und richtige Entscheidungen führen unmittelbar zu Belohnungen die aus mehr als guten Noten oder dem Verstehen von Sachverhalten bestehen
- Schlechtes Handeln führt nicht unmittelbar zu schwerwiegenden Konsequenzen
- Man kann sich frei und mehrfach ausprobieren
- Durch unterschiedliche Level und Schwierigkeitsstufen können die Schüler:innen selbst ihr Niveau herausfinden und steigern
- Die Belohnungen und der Spaßfaktor führen unmittelbar zu einer Erhöhung der (Lern-/Spiel-)Motivation
- Durch die Bedienung mehrerer Kanäle werden unterschiedliche Lerntypen angesprochen (audiovisuell etc.)
(in Anlehnung an die Ausführungen von Marr 2010: 69-72)
Quellen:
Marr, A.C. (2010): ,,Serious Games für die Informations- und Wissensvermittlung". Bibliotheken auf neuen Wegen (Vol.28). Wiesbaden, BIT Verlag/Dinges & Frick GmbH.
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